Das Landgericht Berlin hat am 30. September 2024 in einer wegweisenden Entscheidung ein Berliner Wohnungsunternehmen zur Zahlung von 11.000 Euro verurteilt. In der Verweigerung der Zustimmung zum Einbau einer Rampe sah das Gericht eine Diskriminierung nach dem AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz). Die Fachstelle gegen Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt Fair mieten – Fair wohnen hat den Kläger über drei Jahre beraten und begleitet.
Das Landgericht Berlin hat ein Berliner Wohnungsunternehmen zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 11.000 € wegen einer Diskriminierung aufgrund der Behinderung des Klägers verurteilt. Das Urteil wurde auf der Grundlage des AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) gefällt. In der andauernden Verweigerung der Zustimmung zum Einbau einer Rampe, die der auf einen Rollstuhl angewiesenen Kläger für das eigenständige Verlassen und Betreten des Wohnhauses zwingend benötigt, sah das Landgericht eine Benachteiligung des Klägers im Vergleich zu anderen Mietern ohne Behinderung. Hierzu erklärte der Rechtsanwalt des Klägers, Dirk Scholz: „Der Kläger machte aufgrund der hartnäckigen Weigerung der Wohnungsbaugesellschaft Ansprüche auf Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geltend. Das Landgericht hat festgestellt, dass die Wohnungsbaugesellschaft von Anfang an verpflichtet gewesen ist, den beanspruchten barrierefreien Zugang zur Wohnung zu gestatten. Sie habe mithin ihre Pflichten aus dem Mietverhältnis gegenüber dem Kläger verletzt, indem sie die erforderliche Genehmigung zum Bau der Rampe nicht erteilte. Die durch das Unterlassen der Zustimmung ausgelöste Benachteiligung des Klägers führt zu einer Entschädigungspflicht der Wohnungsbaugesellschaft nach dem AGG. Denn die Wohnungsbaugesellschaft hat den Kläger weniger günstig behandelt, als es das Gesetz zur Herstellung gleicher Chancen (§ 554 BGB) für erforderlich hält.“
Zur Bedeutung des Urteils
Aus der Sicht der Berliner Fachstelle gegen Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt ist das Urteil in der zweiten Instanz aus den folgenden Gründen sehr wichtig:
– Das Gericht urteilt auf Grundlage des AGG und spricht dem Kläger eine Entschädigung zu.
– Das Gericht weicht von der strengen Auslegung der zweimonatigen Frist zur Geltendmachung der Ansprüche im Falle einer Diskriminierung ab und fasst die über zwei Jahre anhaltende Weigerung des Wohnungsunternehmens zum Einbau einer Rampe als Dauerhandlung auf.
– Ebenso wird nicht der Nachweis der weniger günstigen Behandlung einer konkreten Person gegenüber vorausgesetzt, um eine Diskriminierung festzustellen. Vielmehr reicht die Benachteiligung des Klägers im Vergleich zu anderen Mieter:innen ohne Behinderung. Hier wird der Besonderheit einer strukturellen Diskriminierung Rechnung getragen.
– Die von der Diskriminierung betroffene Person muss nicht zwingend Mietvertragspartner sein um ihre Ansprüche dem Wohnungsunternehmen gegenüber geltend zu machen.
– Das Wohnungsunternehmen hat keinerlei Bedauern zum Ausdruck gebracht. Das hat das Gericht bei der Festlegung der Entschädigungshöhe besonders berücksichtigt. Die Entschädigungssumme kann abschreckend wirken.
Hier kann man das Urteil nachlesen!