Wenn jemand mir unter den Arm greift, dann…

ALS- Gesprächskreis Region Hannover am 26. April 2025

…könnte ich mich am Kopf kratzen, mir die Brille auf die Nase schieben oder einen Schluck trinken.

Viele ALS- Betroffene, deren Erkrankung an den Armen und Schultern für Einschränkungen sorgt, können solche für gesunde Menschen unbewusste und selbstverständliche Bewegungen nicht mehr ohne Hilfe ausführen. Abhilfe schaffen hier drei Geräte, die uns Michael Ewert von der Firma Kinova (www.kinovarobotics.de) vorstellte.

Der Dowing ist ein mechanisches Armunterstützungssystem, mit dem man z.B. ein Glas greifen oder die Hände über einer Tastatur „schweben“ lassen kann. Für den Gebrauch ist es erforderlich, dass in der eigenen Hand noch eine Restkraft zum Greifen oder Halten vorhanden ist. Viele andere Tätigkeiten, wie Haare kämmen, Nase putzen oder essen werden durch das Gerät unterstützt. Es wird mit einer einfachen Halterung am Tisch befestigt, ist bezüglich der Hebekraft einstellbar, faltbar und an vielen Orten einsetzbar.

Der Gowing leistet dasselbe allerdings als elektrische Armunterstützung. Zusätzlich ist er an einen E- Rolli anbaubar, denn er braucht eine Stromversorgung. Aber auch die Nutzung mit einem Stativ ist möglich. Das Gerät wird mittels eines kleinen Tasters gesteuert, der in der freien Hand gehalten wird. Falls die Hand dafür nicht mehr fähig ist, kann auch ein Kopftaster zum Einsatz kommen. Die Höhe ist fest einstellbar. Der Gowing ist leicht vom Rolli demontierbar.

Wenn die Kraft in Arm und Hand für eines der Armunterstützungssysteme nicht mehr ausreicht, gibt es den Roboterarm Jaco. Er kann den Arm und die Hand vollständig ersetzen. Bei einer Demo mit einem Teilnehmer im Rolli konnten folgende Aktivitäten gezeigt werden: selbstständiges Trinken, Dinge vom Boden aufheben, Licht anmachen, Fahrstuhl holen. Jaco ist mit allen für einen Rolli möglichen Steuerungssystemen kombinierbar (z.B. Bildschirm-, Kopf- oder Augensteuerung).

Der Speiseroboter OBI war ein weiterer Clou. Mit seinen vier Essschalen, zwei Löffeln (für Speisen und Suppe, die bei Gebrauch abgestreift werden), ermöglicht er selbstständiges Essen, so dass gemeinsam mit der Familie gegessen werden kann, ohne dass ein Angehöriger parallel zu seiner Mahlzeit den ALS- Erkrankten versorgen muss. Die Steuerung erfolgt über zwei Tasten (auch Kopftasten möglich, wenn Hände sehr eingeschränkt sind). Allerdings muss die Nahrung auf Löffelgröße zugeschnitten werden. Da das Gerät akkubetrieben ist (für 4 Std.), gibt es keine Warmhaltefunktion. Die Schalen sind microwellenfähig.

Der Referent beantwortete nach seiner Präsentation ausführlich alle Fragen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer und ermöglichte allen, die es wollten, einen Test an jedem der vorgestellten Hilfsmittel. Dafür wurde ihm von der Gesprächsleitung, Ingrid Haberland, und allen Teilnehmenden herzlich gedankt.

Im Anschluss ergab sich noch ein intensiver individueller Erfahrungsaustausch, indem auch auf die einleitende Vorstellungsrunde Bezug genommen wurde. Viele Teilnehmende kannten sich noch nicht, da zahlreiche „Neulinge“ dabei waren. Was auffiel, war, dass mehrere ALS- Betroffene ihre Krankheit im Anschluss an eine Coronainfektion oder -impfung bekommen hatten. Hier wird noch viel Recherche- Arbeit und Kopfkratzen vor uns liegen.

Ulrich Gemar

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