Sie hat sich sehr auf uns gefreut, Kuchen gebacken und Kartoffelsalat vorbereitet. Ihre Wohnung in Barsinghausen passt zu ihrem Erscheinen – gepflegt und einladend. Für unseren bunten Blumenstrauß zur Begrüßung hat sie sofort einen schönen Platz gefunden.
Wir haben uns herzlich willkommen gefühlt bei Elke!
Es gab keine Barrieren, obwohl wir uns nicht kannten und ihre schreckliche Krankheit für uns Theorie gewesen ist. Sie hat uns offen und lächelnd begrüßt und mit sehr persönlichen Informationen Einblick in ihre Ängste aufgrund ihres fortschreitenden ALS-Leidens gegeben. Ihr Vertrauen ist die gute Grundlage dieses Tages gewesen. –
Die Diagnose Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) hat sie vor wenigen Jahren bekommen. ALS ist eine fortschreitende Lähmung des zentralen und peripheren Nervensystems, Im Gehirn und Rückenmark erkrankt das motorische System (Kontrolle der Muskulatur) des menschlichen Körpers; die Folgen sind Muskel-Schwund bis zu Lähmungen u.a. auch der Atemmuskulatur. Gegenwärtig wird die durchschnittliche Lebenserwartung von ALS-Patienten nach Ausbruch der Krankheit auf wenige Jahre verkürzt.
Elke lebt allein, ist oft einsam und wünscht sich Kontakt und Unterstützung. Sie bewältigt gegenwärtig die täglichen Herausforderungen des Alltags noch mittels großer körperlicher und seelischer Anstrengungen. – Chapeau! –
Elke hat meinem Kollegen Oktaj und mir von den aktuellen Schwierigkeiten aufgrund ihrer Erkrankung berichtet, weil wir darum gebeten haben, ihre Realität kennenzulernen:
Tragen von schweren Gegenständen in ihre Wohnung oder in den Keller wird für sie täglich schwieriger, an der frischen Luft Spaziergänge oder Ausflüge mit dem Fahrrad sind nicht mehr möglich, jeder Einkauf ist eine Herausforderung, kulturelle Veranstaltungen kann sie nur noch eingeschränkt besuchen.
Leider hat sie aufgrund der technischen Situation in dem Wohnhaus keine Internet-Verbindung und kann online keine wichtige Kommunikation mit medizinischen Einrichtungen oder auch dem ALS-Gesprächskreis führen. Die Vermieter wissen von ihrer Erkrankung, sind jedoch nicht hilfsbereit, sondern verhalten sich eher ablehnend. – Frühere Bekanntschaften, als sie gesund gewesen ist, reduzieren sich leider, und wahre Freunde sind bekanntlich selten im Leben. Ihre wenigen Familienangehörigen wohnen weit entfernt und helfen ihr leider kaum, weil sie mit sich selbst beschäftigt sind. – Elke möchte auch niemandem zur Last fallen. –
Sie hat uns gebeten, einen defekten, schweren Couchtisch zu entsorgen. Dazu sind wir mit ihr gemeinsam mit dem PKW von Oktaj zum Wertstoffhof gefahren. Elke ist danach froh gewesen, denn dieses Möbel stellte eine Verletzungsgefahr in ihrer Wohnung dar.
Dann habe ich sie gefragt, was ihr an diesem Tag eine besondere Freude bereiten würde. Ihre spontane Antwort: „Einen Ausflug und viel frische Luft.“ – Mir fiel sofort das Wisentgehege in der Nähe von Springe ein, Elke und Oktaj waren einverstanden. Das Wetter spielte mit und wir sind dorthin gefahren.
Elke kann nicht mehr weit gehen, also haben wir einen Rollstuhl ausgeliehen, und Oktaj hat sie durch das weitläufige Gelände geschoben.
Beim Wolfsgehege habe ich eine Tierpflegerin gebeten, uns über die schönen Polarwölfe zu informieren, das hat sie sehr gern für Elke und uns getan.
Die Bären, Wildschweine, Wisente, Elche und Luchse sind ebenfalls Highlights dieses Ausflugs in die Natur gewesen. Er hat uns viel Freude bereitet, insbesondere weil Elke für einen Tag glücklich gewesen ist! – Als Abschluss haben wir ihr einen hübschen Stoffwolf geschenkt, damit sie nicht mehr allein einschlafen muss.
Auf dem Rückweg nach Barsinghausen gab es einen Stop beim Getränkegeschäft, um Wasser für Elke zu kaufen. Die Kisten kann sie schlecht tragen, so hat sie einen Vorrat für ihr Zuhause. – In ihrer Wohnung haben wir noch gemütlich zusammengesessen und ihren sehr gut schmeckenden Kartoffelsalat gegessen, den sie am Vortag für uns zubereitet hatte.
Dann hieß es leider für diesen Tag Abschied nehmen. Jedoch nicht für immer, wir möchten den Kontakt zu Elke aufrechtbehalten. Mein Plan ist es, sie im Sommer abzuholen und mit ihr in den Vogelpark Walsrode zu fahren. Sicherlich wird sich Oktaj auch etwas Schönes für Elke einfallen lassen. Seine persönlichen Eindrücke unseres Social Days hat er in seinen Worten auf der Folgeseite meines Berichtes festgehalten.
Wir sind nachhaltig beeindruckt und hoffen, dass es zukünftig mehr Unterstützung für die Deutsche Gesellschaft für Muskelkranke e. V. geben wird. Für Elke könnte das ein längeres und leichteres Leben bedeuten, dann ihre Erkrankung ALS ist noch weitgehend unerforscht.
Angela Rinke
Auf dem Bild: Oktaj, Elke und Angela vor dem Gehege der Polarwölfe im Wisentgehege am 20.02.2024